Konstruktiver Journalismus

Ich habe häufig das Gefühl, dass es Journalisten in erster Linie darum geht, Missstände aufzudecken und die daran Schuldigen zu benennen. Auch dort, wo es vielleicht keine Missstände gibt oder auch keine Schuldigen. Ich hatte früher das Gefühl, dass die Journalisten des Deutschlandfunks in ihrem jeweiligen Fachgebiet so kompetent und eingearbeitet sind, dass sie beurteilen können, was ein Missstand ist  und was vielleicht auch nicht. Das habe ich sehr geschätzt, wobei ich in der letzten Zeit häufiger das Gefühl habe, dass die Journalisten auch dort auf Missstände und das Benennen von Schuldigen fixiert sind.

In einem Beitrag, den ich heute morgen gehört habe, wurde über konstruktiven Journalismus berichtet. Eine Journalistin berichtete in ihren Worten, wie sie gedanklich auf Misstände und Schuldige fixiert war und wie befreiend sie es empfunden hat, sich davon zu lösen, indem sie konstruktiv berichtet (z.B. indem nicht gefragt wird, wer die Schuldigen an der Flüchtlingskrise sind, sondern danach, welche Chancen sich durch die massive Zuwanderung ergeben und was für Erfolgsgeschichten es gibt).

Ich weiß nicht, was konstruktiver Journalismus wirklich ist, aber ich bin mehr und mehr davon überzeugt, dass die Fixierung auf die Aufdeckung von Missständen und mehr noch die Benennung von Schuldigen, mir den Blick auf das, was mich wirklich interessiert, verstellt.